Versuchter Mord durch Schüsse auf Polizisten – staatsfeindliche Tatmotivation als sonst niedriger Beweggrund

Wegen Mordes wird gemäß § 211 StGB mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft, wer einen Menschen tötet und dabei eins der im Gesetz abschließend aufgezählten Mordmerkmale verwirklicht:

  • Mordlust
  • Zur Befriedigung des Geschlechtstriebs
  • Aus Habgier
  • Sonst aus niedrigen Beweggründen
  • Heimtückisch
  • Grausam
  • Mit gemeingefährlichen Mitteln
  • Um eine andere Straftat zu ermöglichen
  • Um eine andere Straftat zu verdecken

In diesem Beitrag wollen wir uns dem Mordmerkmal der Tötung aus sonst niedrigen Beweggründen widmen. Sonst niedrige Beweggründe sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs alle Tatantriebe, die nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehen und deshalb besonders verwerflich, ja verachtenswert sind.

Ob ein Tötungsgrund im konkreten Fall „auf tiefster Stufe“ steht, ist häufig Gegenstand von gerichtlichen Urteilen. Erst neulich musste sich auch der Bundesgerichtshof (BGH) im Rahmen seines Beschlusses vom 26. November 2024 (3 StR 204/24) wieder einmal mit den sonst niedrigen Beweggründen beschäftigen. Gegenstand war die Revision eines Angeklagten gegen ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart.

Es ging um einen Angeklagten, der sich seit 2016 mit Verschwörungstheorien (auch mit solchen der sog. Reichsbürgerbewegung) beschäftigte und seit Beginn der Corona-Krise im sog. Querdenkermilieu verhaftet war. Ende 2021 ließ er sich auf einem nach außen völlig abgeschotteten Bauernhof nieder, wo er isoliert von der Außenwelt als Selbstversorger lebte. Nach den Feststellungen des OLG hatte der Angeklagte zunehmend eine staatsfeindliche Geisteshaltung entwickelt und den Hof als eigenständiges, keiner Rechtsordnung unterworfenes Gebiet angesehen. Er traf Vorkehrungen, um etwaige Eindringlinge, insbesondere auch Vertreter des von ihm nicht mehr anerkannten Staates, von dem Hof fernzuhalten und schaffte sich verschiedene vollautomatische Schusswaffen an. Als im April 2022 neun Polizeibeamte zur Vollstreckung eines Durchsuchungsbeschlusses das Grundstück betraten, benutzte der Angeklagte eine dieser Waffen, um über 40 Einzelschüsse auf die Polizisten abzufeuern. Dabei wurden zwei Polizisten verletzt.

Das OLG Stuttgart hatte den Angeklagten daher u.a. wegen versuchten Mordes, gefährlicher Körperverletzung, tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte und Verstößen gegen das Kriegswaffenkontroll- sowie das Waffengesetz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 14 Jahren und sechs Monaten verurteilt.

Der BGH bestätigte das Urteil des OLG und verwarf die Revision des Angeklagten. Insbesondere sei das OLG zu Recht von einem versuchten Mord ausgegangen. Die staatsfeindliche Tatmotivation falle unter das Mordmerkmal der sonstigen niedrigen Beweggründe. Für den Angeklagten blieb es daher bei der Freiheitsstrafe, die ihm durch das OLG auferlegt worden war.

Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Fachanwalt für Strafrecht in Berlin-Kreuzberg

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