Wann handelt ein Täter mit bedingtem Tötungsvorsatz?
Für die Verurteilung wegen Totschlags gemäß § 212 StGB muss ein Täter mit Vorsatz handeln. Kurz gesagt bedeutet Vorsatz im strafrechtlichen Sinne das Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung. Der Vorsatz setzt sich somit aus einem kognitiven und einem voluntativen Element zusammen.
Dabei wird zwischen drei verschiedenen Vorsatzformen unterschieden, bei denen diese Elemente jeweils unterschiedlich stark ausgeprägt sind: die Absicht (dolus directus ersten Grades), das sichere Wissen (dolus directus zweiten Grades) und den bedingten Vorsatz (dolus eventualis).
Heute wollen wir uns dem bedingten Vorsatz beim Totschlag gem. § 212 StGB widmen. Die Frage, wann ein bedingter Tötungsvorsatz bei einem Täter gegeben ist, stellt sich immer dann, wenn durch eine nicht auf den Tod zielgerichtete Handlung dazu führt, dass eine andere Person stirbt.
Definition: Einen bedingten Tötungsvorsatz hat, wer den Tod als mögliche, nicht ganz fernliegende Folge seines Handelns erkennt (Wissenselement) und sich um des erstrebten Zieles willen zumindest mit dem Eintritt abfindet, mag ihm dies auch gleichgültig oder an sich unerwünscht sein (Willenselement).
Die Abgrenzung von Tötungsvorsatz und Fahrlässigkeit kann nur auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller objektiven und subjektiven Tatumstände erfolgen.
Hierbei sind neben der konkreten Angriffsweise auch die Persönlichkeit des Täters, sein psychischer Zustand zum Zeitpunkt der Tathandlung und seine Motivation mit in die erforderliche umfassende Gesamtbetrachtung einzubeziehen.
Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtschau stellt die auf der Grundlage der dem Täter bekannten Umstände zu bestimmende objektive Gefährlichkeit der Tathandlung einen wesentlichen Indikator sowohl für das kognitive als auch für das voluntative Vorsatzelement dar.
Zu beachten ist jedoch, dass das Wissens- oder das Wollenselement im Einzelfall fehlen kann, wenn dem Täter das Risiko der Tötung infolge einer psychischen Beeinträchtigung wie etwa einem Affekt oder alkoholischer Beeinflussung zur Tatzeit nicht bewusst ist oder wenn er deshalb trotz Kenntnis aller gefahrbegründenden Umstände ernsthaft und nicht nur vage auf ein Ausbleiben des Erfolgs vertraut.
Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Fachanwalt für Strafrecht aus Berlin