Wann ist das Eisen weg?
Wann ein Diebstahl vollendet ist, ist eine beliebte Frage in der Juristenausbildung, dürfte sich aber angesichts dessen, dass Diebstähle etwa ein Drittel aller Straftaten ausmachen, regelmäßig auch in der Praxis stellen.
Die Tathandlung des Diebstahls ist die Wegnahme. Wegnahme ist Bruch fremden und Begründung neuen Gewahrsams. Weil die Begründung des neuen Gewahrsams, also die tatsächliche Herrschaft über die gestohlene Sache, teilweise schwierig zu beurteilen ist, unterteilt man die Wegnahmehandlung gewöhnlich in – und hier wollen wir einmal mit unseren Lateinkenntnissen protzen – 4 Phasen:
1) Kontrektation
2) Apprehension
3) Ablation
4) Illation
Diese stehen für das Berühren (1), das Ergreifen (2), das Wegbringen (3) und das Sichern (4) der Beute.
Der Diebstahl ist grundsätzlich mit dem Ergreifen vollendet. Etwas anderes gilt jedoch, wenn die Gegenstände schwer abzutransportieren sind. Dann müssen die Gegenstände tatsächlich fortgeschafft worden sein (Ablation).
Wie ist also der folgende Fall zu lösen:
Die Täter begaben sich auf ein Firmengelände, um mehrere großen und unhandliche Edelstahlteile mit einem Gesamtwert von etwa 70.000,- € zu stehlen. Ob es ihnen in den Fingern gejuckt hat? Jedenfalls gelang es ihnen, die Edelstahlteile an sich zu nehmen, über den Zaun des Firmengeländes zu reichen und sie in eines der Tatfahrzeuge einzuladen. Zum Zeitpukt des Aufgriffs waren alle Täter über den Zaun geklettert und befanden sich abfahrbereit außerhalb des Zauns, um mit der Beute vom Firmengelände zu fliehen.
Ist der Diebstahl vollendet?
Ja, sagt das Oberlandesgericht Hamm (und das LG Essen in der Vorinstanz). Begründung: Der Gewahrsamsbereich des Firmeninhabers wurde gänzlich verlassen, da dieser nicht mehr ungehindert auf die bereits in Täterfahrzeuge verladene Ware hätte zugreifen können. Das bedeutet, dass die Edelstahlteile im abfahrbereiten Fluchtwagen bereits „fortgeschafft“ sind. Das tatsächliche Wegfahren dürfte dann dem Sichern der Beute entsprechen.