Wann liegt eine aktive Unterstützungshandlung im Sinne einer Beihilfe vor?
Wer eine andere Person bei deren Straftat unterstützt, kann sich wegen Beihilfe zu der Tat strafbar machen. Voraussetzung ist allerdings, dass die Haupttat durch die Hilfeleistung in irgendeiner Weise gefördert oder erleichtert wird. Eine typische Beihilfehandlung ist das Schmierestehen, um die Begehung einer Straftat abzusichern. Physische Beihilfe kann dadurch erfolgen, dass der Beschuldigte den Täter bei der Haupttat motivierend bestärkt.
Unter welchen Voraussetzungen eine Beihilfe durch aktives Tun konkret vorliegt, beschäftigte den Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 19. Dezember 2018 (1 StR 597/18).
Vorliegend hatte der Angeklagte einen Dritten zu dem Wohnanwesen des später Betroffenen gefahren und dann sowohl den Dritten als auch den Betroffenen zu einem Parkplatz gebracht, obwohl er wusste, dass der Dritte den Betroffenen dort misshandeln wollte. An dem Parkplatz angekommen misshandelte der Dritte den Betroffenen sodann schwer und zog ihn anschließend dünn bekleidet, bei 10 Grad Celsius und ohne Möglichkeit Hilfe zu rufen, in der Nacht in einen Wald. Der Angeschuldigte erkannte, dass die Behandlung des Betroffenen durch den Dritten lebensgefährlich war. Dennoch fuhr er den Dritten anschließend von dem Parkplatz und ließ den Betroffenen zurück.
Das Landgericht verurteilte den Angeklagten im Anschluss daran wegen Beihilfe zum versuchten Totschlag. Dem stimmte der Bundesgerichtshof indes nicht zu:
Aus den Feststellungen des Landgerichts ergebe sich nicht, dass der Angeklagte das Verhalten des Dritten in irgendeiner Form aktiv gefördert hat. Zwar habe der Angeklagte erkannt und sich auch damit abgefunden, dass der durch die vorangegangenen Misshandlungen durch den Dritten bereits stark beeinträchtigte Betroffene auf Grund der weiteren Misshandlungen durch den Dritten an seinen Verletzungen versterben könnte. Allerdings fehle es an Feststellungen zu einer aktiven Unterstützungshandlung des Angeklagten für das als versuchten Totschlag zu wertende Verhalten des Dritten nach Erkennen der von diesem herbeigeführten Lebensgefahr für den Betroffenen und dessen zumindest bedingten Tötungsvorsatz. In dem bloßen Steuern des Fahrzeugs, mit dem der Angeklagte und der Dritte den abgelegenen Parkplatz verließen, von dem aus der Dritte den von ihm schwer verletzten, kaum noch bewegungsfähigen Betroffenen in den Wald gezogen und dort zurückgelassen hatte, ist eine aktive Unterstützungshandlung des Angeklagten nicht zu sehen. Der Schwerpunkt des Verhaltens des Angeklagten liege im Unterlassen von Hilfeleistungen zu Gunsten des Betroffenen und nicht in aktivem Tun.
Auch eine psychische Beihilfe des Angeklagten könne nicht angenommen werden. Die bloße Anwesenheit am Tatort reiche für psychische Beihilfe nicht aus. Es müsse durch das Gericht vielmehr konkret festgestellt werden, inwiefern der Beschuldigte den Tatentschluss des Täters bestärkt oder ihm ein Gefühl der Sicherheit bei der Tatausführung verschafft hat.
Es komme jedoch eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen Beihilfe durch Unterlassen zum versuchten Totschlag in Betracht, wobei auch eine Garantenstellung des Angeklagten nicht fern liege, nachdem dieser den Dritten mit seinem Fahrzeug zunächst zum Wohnanwesen des Betroffenen und dann – mit dem Betroffenen im Fond des Fahrzeugs – zu dem Parkplatz gefahren hatte, wobei ihm bewusst war, dass der Dritte den Betroffenen körperlich misshandeln wollte.
Eine Berichtigung des Schuldspruchs sei durch den Bundesgerichtshof allerdings nicht möglich, da nicht ausgeschlossen werden könne, dass sich der Angeklagte gegen den Vorwurf der Beihilfe durch Unterlassen zum versuchten Totschlag anders als geschehen hätte verteidigen können. Der Schuldspruch wurde daher insgesamt aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.
Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Fachanwalt für Strafrecht in Berlin-Kreuzberg