Wie eine toxische Ehe zu einer Tragödie führt
Der minder schwere Fall des Totschlags nach § 213 Strafgesetzbuch (StGB) stellt eine Strafzumessungsregel zum § 212 StGB dar und sieht eine Freiheitsstrafe von einem bis zu 10 Jahren vor, wohingegen im § 212 StGB eine Freiheitsstrafe von nicht unter fünf Jahren geregelt ist.
In seinem Beschluss vom 23. März 2021 musste sich der Bundesgerichtshof (1 StR 52/21) mit dem § 213 StGB genauer auseinandersetzen. Im hiesigen, der Entscheidung des Bundesgerichtshofes zugrundeliegenden Sachverhalt herrschte zwischen dem Angeklagten und seiner Ehefrau aufgrund der extremen Eifersucht der Ehefrau ein angespanntes Verhältnis. Dabei kam es mehrmals zu verbalen und körperlichen Auseinandersetzungen.
Als es schließlich zu einer Trennung kam, lebten die Ehepartner weiterhin zusammen und der Angeklagte hatte die Hoffnung, dass die Beiden wieder zueinanderfinden würden. An einem Abend warf die Ehefrau des Angeklagten ihm vor, dass er ihr fremdgegangen sei. Die Bitten des Angeklagten, ihn in Ruhe zu lassen, halfen nicht, woraufhin er ihr mit einem Messer in ihr Bein stach. Der Angeklagte rief nach der Tat einen Krankenwagen, die Geschädigte verstarb jedoch im Krankenhaus.
Das Landgericht Kempten verurteilte den Angeklagten wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes erweist sich der Strafausspruch jedoch durchgreifend als rechtsfehlerhaft. Demnach wurde das Vorliegen des § 213 2. Alt. StGB allein aufgrund der allgemeinen Strafzumessungsregeln nicht tragfähig verneint.
Der Bundesgerichtshof erklärt, dass zahlreiche wesentliche Gesichtspunkte wie die psychische Belastung des Angeklagten durch die schwere Eifersucht der Ehefrau, die spontane Tatbegehung sowie die Rettungsversuche zu Unrecht mit der Begründung abgetan wurden, dass sich der Angeklagte bewusst wieder in diese Situation begab und mit dem Verhalten seiner Ehefrau rechnen musste.
Weiterhin führt der Bundesgerichtshof aus, dass es dem Angeklagten nicht zum Vorwurf gemacht werden kann, dass er Annäherungen zu seiner Ehefrau suchte, in der Hoffnung, seine Ehe und Familie retten zu können. Der Strafrahmen wurde somit nach Auffassung des Bundesgerichtshofes nicht rechtsfehlerfrei gewählt.
Rechtsanwalt Steffen Dietrich, Strafverteidiger aus Berlin-Kreuzberg