Wunderheiler begeht keinen Betrug

Die Schulmedizin ist schon lange nicht mehr die einzige Möglichkeit, Krankheiten zu behandeln. Nicht jeder will gleich zu starken Tabletten oder einem Antibiotikum greifen. Deshalb findet die Alternativmedizin zunehmend ihren Platz in unserer Gesellschaft. Ob Homöopathie, Akupunktur oder Klangtherapie, vieles wird ausprobiert. Während viele Heilpraktiken mittlerweile anerkannt sind, gibt es durchaus noch Nischen, die nicht jeder kennt und an die schon gar nicht jeder glaubt.

Mit einem eher außergewöhnlichen Fall rund um einem sogenannten Wunderheiler hatte sich nun auch das Amtsgericht Gießen zu befassen. Der Angeklagte hatte in insgesamt 58 Fällen kranke Personen behandelt. Die Patienten waren durch Zeitungsanzeigen auf den Angeklagten aufmerksam geworden, in denen er mit seiner Fähigkeit geworben hatte, mittels geistiger Kräfte Menschen von Beschwerden wie Krebs, Demenz, Alzheimer usw. heilen zu können. Bei den Behandlungen erstellte der Angeklagte zunächst eine Gesundheitsanalyse, die er mittels eines Pendels vornahm. Danach legte er in der Regel Hände auf. Teilweise wurde er sogar durch Fernheilung tätig.

Die Staatsanwaltschaft erwirkte den Erlass eines Strafbefehls gegen den Angeklagten, in dem sie ihm unter anderem Betrug vorwarf. In seinem Urteil vom 12.06.2014 – 507 Cs 402 Js 6823/11 sprach das Amtsgericht Gießen den Angeklagten jedoch vom Vorwurf des Betruges frei.

Nach Ansicht des Gerichts fehlte es schon an der erforderlichen Täuschungshandlung, der Täuschung über Tatsachen. Zwar hatte der Angeklagte keine Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde. Diese brauchte er nach Ansicht des Gerichts aber auch gar nicht, da die von ihm ausgeübten Behandlungen (Pendeln und Hände auflegen) keine gesundheitlichen Schädigungen hätten verursachen können. Zudem gab der Angeklagte gegenüber seinen Patienten gerade nicht an, Arzt oder geprüfter und zugelassener Heilpraktiker zu sein. Eine Täuschung lag in diesem Verhalten deshalb nicht.

Das Amtsgericht zog als Täuschung zudem in Betracht, dass der Angeklagte gegenüber seinen Patienten angab, Krankheiten mittels seiner geistigen Kräfte heilen zu können. Insofern fehle es dem Angeklagten jedoch an einem Täuschungsvorsatz, da er an seine entsprechenden übersinnlichen Fähigkeiten glaubte. Das Inaussichtsellen einer Heilung könne für sich genommen nicht als Täuschungshandlung gewertet werden. Schließlich verbreite auch ein Schulmediziner Zuversicht, indem er den Patienten darin bestärkt, wieder gesund zu werden.

Die Grenze zum strafbaren Betrug sei lediglich in den Fällen überschritten, in denen ein sogenannter Wunderheiler seine Behandlung mit Tatsachen ausschmückt, die zumindest den Anschein der Wissenschaftlichkeit haben. Eine solche Konstellation lag hier aber gerade nicht vor.

www.rechtsanwalt-betrug.de

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